Fleischersatz: Was du über Fleischalternativen wissen solltest
51 kg – das ist laut Angaben der Bundesamt für Landwirtschaft BLW der Pro-Kopf-Verzehr von Fleisch im Jahr 2020.1 Während der Konsum von Fleisch von Jahr zu Jahr abnimmt, liegen Fleischersatzprodukte voll im Trend. Aber sind Fleischersatzprodukte wirklich gesünder, nachhaltiger und geschmacklich vergleichbar mit einem Stück Fleisch?
Warum sich immer mehr für Fleischersatzprodukte entscheiden?
Ob Veggieburger, vegetarische Wurst oder veganer Brotaufstrich – Fleischersatzprodukte boomen. Das zeigen auch die Daten des Statistischen Bundesamtes.2 Im Jahr 2020 erzielte der Schweizer Einzelhandel einen Umsatz von 117 Millionen Franken durch den Verkauf von Fleischersatzprodukten, gegenüber 60 Millionen Franken im Jahr 2016. Dies entspricht fast einer Verdoppelung, mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 18,4 %. Die Statistik berücksichtigt nur industriell hergestellte Fleischersatzprodukte.
Doch warum sind vegetarischer und veganer Fleischersatz so beliebt? Die Beweggründe sind verschieden. Viele möchten etwas Gutes für die Umwelt und das Klima, für ihre Gesundheit oder für das Tierwohl tun. Der grösste Teil ist aber auch einfach neugierig auf Jackfrucht-Burger, Tofu, Quorn und Co.
Beweggründe für den Kauf vegetarischer und veganer Produkte3
- 75 % Neugier
- 71 % Tierschutz
- 64 % Geschmack
- 64 % Klima/Umwelt
- 47 % Gesundheit
- 36 % Davon gelesen/gehört
- 15 % Unverträglichkeiten
Apropos Gesundheit – ist rotes Fleisch wirklich ungesund?
Die Ergebnisse einer umfassenden Übersichtsarbeit aus dem aktuellen 14. Ernährungsbericht4 bestätigen: Eine Ernährung mit viel Obst und Gemüse und wenig Fleisch ist gut für unsere Gesundheit. Dabei steht vor allem rotes Fleisch (Rind, Schwein, Lamm, Kalb, Hammel, Wild) in Zusammenhang mit zahlreichen Erkrankungen.
So erhöht rotes Fleisch das Risiko für
- Schlaganfall,
- koronare Herzerkrankungen,
- Dickdarmkrebs,
- Brustkrebs sowie
- Diabetes mellitus Typ 2.
Apropos Umwelt – sind Fleischalternativen besser fürs Klima?
Ja, das sind sie! Laut Umweltbundesamt5 profitiert das Klima bei der Produktion von Fleischersatz auf pflanzlicher Basis (z. B. aus Soja, Weizen und Erbsen) – im Vergleich zur Fleischproduktion – wie folgt: Es entsteht weniger als 1/10 der Treibhausgase. Zudem ist der Wasserverbrauch um ein Vielfaches geringer, das Gleiche gilt für den Flächenverbrauch.
Ein Beispiel macht es ganz konkret: Produziert man 1 kg Fleischersatz auf Sojabasis, werden 2,8 kg Treibhausgase ausgestossen. Für die Produktion von 1 kg Schweinefleisch beträgt der Ausstoss 4,1 kg, für Geflügel 4,3 kg und für Rindfleisch sogar 30,5 kg.
Pflanzliche Produkte können auf direktem Weg der menschlichen Ernährung dienen. Bei der Tierproduktion dienen die Pflanzen dagegen erst als Tierfutter. Das heisst, es werden mehr pflanzliche Kalorien, mehr Wasser, Land und Energie benötigt, bis die Kalorien beim Menschen ankommen, so das Umweltbundesamt.
Wichtig ist auch, dass die Fleischersatzprodukte möglichst naturbelassen – also wenig verarbeitet – und idealerweise wenig verpackt sind! Das macht sie noch nachhaltiger. Das kann von Produkt zu Produkt stark variieren, sodass man jedes einzelne Produkt ganz genau anschauen muss. Und wie bei den meisten Lebensmitteln gilt auch hier: Die beste Wahl sind Produkte mit möglichst kurzer Zutatenliste. Dagegen deuten lange Zutatenlisten auf hochverarbeitete Produkte hin.
Übrigens – Fleischersatzprodukte sind nicht nur bei Menschen beliebt, die sich vegan ernähren oder vegetarisch essen. Auch die sogenannten Flexitarier – also Personen, die nur selten und wenn, dann hochwertiges Fleisch auswählen – sind eine wichtige Zielgruppe der Hersteller von Fleischalternativen.
8 Fleischersatzprodukte im Überblick
1. Tofu
Tofu zählt zu den asiatischen Klassikern der Fleischersatzprodukte und steht auch heute noch ganz oben auf der Beliebtheitsskala.6
Woraus besteht’s?
Tofu wird aus eingeweichten Sojabohnen hergestellt, die mit Wasser püriert und anschliessend gefiltert werden. Der gewonnenen Sojaflüssigkeit wird das Gerinnungsmittel Nigari – ein aus Meerwasser gewonnenes Salz – zugefügt, um so das Eiweiss auszufällen. Die eingedickte Sojaflüssigkeit wird anschliessend in rechteckige Formen gefüllt und kräftig ausgepresst, bis die gewünschte Konsistenz erreicht ist.
Wie schmeckt’s?
Tofu hat wenig Eigengeschmack, weshalb die Naturvariante eine würzige Marinade gut vertragen kann. Etwas kräftiger und würziger als der naturbelassene Tofu schmeckt Räuchertofu.
Wie kann man’s zubereiten?
Tofu ist vielseitig einsetzbar – gebraten, gekocht, als Stücke im Curry, im Salat, in Suppen, Aufläufen oder Gemüsepfannen. Ausserdem gibt es Würstchen, Schnitzel und Co. auf Tofubasis. Der feine und cremige Seidentofu eignet sich vor allem für Süssspeisen, Dips und Saucen.
Gut zu wissen
Birkenpollenallergiker können auf Sojaprodukte besonders empfindlich reagieren und sollten Sojaprodukte daher mit Vorsicht geniessen oder meiden.
2. Tempeh
Tempeh stammt aus der indonesischen Küche und erinnert vom Aussehen ein bisschen an weissen Nougat.
Woraus besteht’s?
Tempeh besteht aus Sojabohnen, die eingeweicht, gekocht und mit einer Schimmelpilzkultur versetzt werden. Die Pilzzellen wachsen geflechtartig um die Sojabohnen, sodass eine schnittfeste Masse entsteht.
Wie schmeckt’s?
Tempeh hat einen pilzartigen, würzigen, leicht nussigen Geschmack. Wer den nussigen Geschmack mag, kann ihn beim Anbraten mit Sesamöl oder Erdnussöl verstärken.
Wie kann man’s zubereiten?
Tempeh lässt sich knusprig in Öl anbraten, schmeckt aber auch frittiert oder gebacken.
3. Sojafleisch/Sojaschnetzel
Sojafleisch wird als texturiertes Sojaeiweiss bzw. Textured Vegetable Protein (TVP) bezeichnet und ist im Gegensatz zu Tofu und Tempeh ein stark verarbeitetes Sojaprodukt.
Woraus besteht’s?
Für die Herstellung werden die Sojabohnen gemahlen, das Sojamehl entfettet und unter hohem Druck und bei hohen Temperaturen durch einen Extruder gepresst. Dabei blähen sich die Sojafasern auf und bekommen eine poröse Struktur.
Wie schmeckt’s?
Genau wie die anderen Sojaprodukte sind auch Sojaschnetzel recht geschmacksneutral und sind dadurch vielseitig einsetzbar.
Wie kann man’s zubereiten?
Bevor Sojaschnetzel zu Burgern, Geschnetzeltem und Ähnlichem verarbeitet werden, müssen sie in Wasser oder Brühe eingeweicht werden. Gut ausgedrückt können sie dann je nach Gericht mariniert und am besten scharf angebraten werden.
Gut zu wissen
Da es sich bei Sojaschnetzeln um ein stark verarbeitetes Lebensmittel handelt, sollte es nicht täglich auf dem Speiseplan stehen.
Leckeres mit Sojaschnetzeln
4. Seitan
Schon vor einigen hundert Jahren haben buddhistische Mönche Seitan als Fleischersatz entwickelt. Wegen seiner faserigen Konsistenz ist er auch heute eine beliebte Fleischalternative.
Woraus besteht’s?
Seitan besteht aus 100 % Weizeneiweiss (Gluten). Dazu wird aus Weizenmehl und Wasser ein Teig hergestellt, aus dem die Stärke so lange herausgewaschen wird, bis nur noch Protein enthalten ist.
Wie schmeckt’s?
Seitan ist sehr geschmacksneutral und wird daher auch oft bereits in Sojasauce mariniert verkauft. Außerdem gibt es Seitan auch als Pulver zum Andicken oder Eiersatz zu kaufen. Wegen der bissfesten, faserigen Struktur kommt Seitan der Konsistenz von Fleisch näher als Tofu oder Tempeh.
Wie kann man’s zubereiten?
Wegen der fleischähnlichen Konsistenz eignet sich die Fleischalternative besonders zum scharfen Anbraten als Schnitzel oder Gyros, aber auch zum Grillen.
Gut zu wissen
Da Seitan zu 100 % aus Gluten besteht, ist er für Personen mit Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) oder einer Weizensensitivität nicht geeignet!
5. Jackfruit (auch Jackfrucht genannt)
Die riesige Baumfrucht stammt ursprünglich aus Indien – mittlerweile findet man die bis zu 20 m hohen Bäume in weiteren tropischen Ländern, wie z. B. Südamerika, Kenia, den Philippinen und Thailand.
Woraus besteht’s?
Dieser pflanzliche Fleischersatz wird aus der unreif geernteten Jackfrucht hergestellt. Erhältlich ist die Jackfrucht in Form von eingelegten Stücken als Konserve oder eingeschweisst in Beuteln.
Wie schmeckt’s?
Auch die Jackfrucht hat einen recht neutralen Geschmack. Und ist daher besonders bei denjenigen beliebt, die z.B. den Sojageschmack nicht gern mögen. Am besten legt man den Fleischersatz vor der Verarbeitung für etwa 20–30 Minuten in Marinade ein. Neben der puren Form werden aber auch bereits gewürzte Produkte angeboten.
Wie kann man’s zubereiten?
Wegen des faserigen und hähnchenfleischähnlichen Fruchtfleischs wird die Jackfrucht häufig für z.B. Pulled Pork, als Frikassee, Gulasch, Geschnetzeltes oder in Currys eingesetzt. Durch das scharfe Anbraten bildet das Fleisch der Jackfrucht eine knusprige Kruste.
Gut zu wissen
Da die Jackfrucht sowohl soja- als auch glutenfrei ist, ist sie vor allem für Personen mit Lebensmittelallergien oder -unverträglichkeiten interessant.
So lecker schmeckt Jackfruit
6. Sonnenblumenhack
Hack aus Sonnenblumenprotein ist ein relativ neuer Fleischersatz.
Woraus besteht’s?
Wie der Name verrät, besteht diese Fleischalternative aus Sonnenblumenkernen. Der nach dem Mahlen der Kerne verbleibende, proteinhaltige Presskuchen wird je nach Vermahlungsgrad als „Sonnenblumenhack“ vertrieben oder als Pulver zum Beispiel für Smoothies, Proteinshakes und -riegel genutzt.
Wie schmeckt’s?
Es hat eine nussige Note und schmeckt leicht nach Sonnenblumenkernen.
Wie kann man’s zubereiten?
Sonnenblumenschnetzel haben eine hackfleischähnliche Konsistenz und eignen sich daher für typische Hackfleischgerichte wie Bolognese, Lasagne oder Frikadellen.
7. Hülsenfrüchte
Erbsen, Bohnen und Kichererbsen sind eiweissreiche Lebensmittel, die nicht nur als Beilagen oder Eintöpfe auf den Tisch kommen, sondern in den letzten Jahren auch immer mehr zur Herstellung von Wurst- oder Schnitzelalternativen verwendet werden. Vor allem das Erbsenprotein ist vielseitig einsatzbar, z.B. als Patty für Burger, als Hack oder Würstchen.
Lupinen
Eine immer grössere Bedeutung gewinnen die heimischen Süsslupinen, die ebenfalls zu den Hülsenfrüchten zählen.
Woraus besteht’s?
Nach der Blüte der Süsslupinen hängen an den Stängeln 3–7 cm lange Hülsen, die nierenförmige Samen beherbergen. Diese Lupinensamen werden z.B. zu Lupinenmehl oder zu einer Art Tofu – dem sogenannten Lopino – verarbeitet.
Wie schmeckt’s?
Lopino schmeckt etwas bitterer als Tofu, weshalb es sich bisher noch nicht richtig durchgesetzt hat.
Wie kann man’s zubereiten?
Neben den fertigen Produkten aus isoliertem Lupinenprotein, wie Joghurt, Eis oder Würstchen, gibt es auch Lupinenmehl, -flocken, -schnetzel oder -schrot. Daraus lassen sich Backwaren und Porridge zubereiten. Aber auch Burgerpattys, Schnitzel und Würstchen aus Lupinen sind in manchen Supermärkten erhältlich.
Gut zu wissen
Lupinen haben eine doppelte Bedeutung für einen nachhaltigen Lebensstil: Sie werden in Deutschland grösstenteils ökologisch angebaut und helfen gleichzeitig, unsere Ackerböden zu regenerieren (Hülsenfrüchte verbessern die Stickstoffversorgung und Lupinen lockern ebenso den Boden auf).
Leckeres mit Hülsenfrüchten
8. Quorn
Im Gegensatz zu Tofu und Seitan handelt es sich bei Quorn um den Handelsnamen für ein Fleischersatzprodukt, das aus fermentierten Schimmelpilzen hergestellt wird.
Woraus besteht’s?
Für Quorn werden Schimmelpilze in einer Nährlösung gezüchtet. Sie produzieren ein Eiweissgeflecht, aus dem zusammen mit Nährstoffen, Hühnereiweiss und anderen Zutaten das Fleischersatzprodukt hergestellt wird.
Wie schmeckt’s?
Quorn ähnelt sowohl vom Geschmack als auch von der Konsistenz her hellem Fleisch.
Wie kann man's zubereiten?
Quorn wird z.B. in Form von Burgern, Geschnetzeltem oder Würstchen angeboten.
Was steckt drin?
Nährwerte* einiger Fleischersatzprodukte im Überblick
Energiegehalt | Kohlenhydratgehalt | Ballaststoffgehalt | Fettgehalt | Proteingehalt | |
---|---|---|---|---|---|
Jackfrucht | 80 kcal | 15,3 g | 4,2 g | 0,5 g | 1,1 g |
Seitan in Scheiben, Biolab** | 147 kcal | 5,8 g | 2,2 g | 2,2 g | 24,9 |
Tempeh | 165 kcal | 1,8 g | 6,5 g | 7,7 g | 19 g |
Tofu | 127 kcal | 2,8 g | 1,3 g | 5,6 g | 15,5 g |
Quorn, Gehacktes** | 94 kcal | 2,5 g | 5 g | 2 g | 14 g |
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Sind Fleischersatzprodukte denn nun wirklich gesünder?
Ganz pauschal lässt sich diese Frage nicht beantworten, denn die Bandbreite an vegetarischen und veganen Fleischersatzprodukten ist riesig.
Daher sollte jedes Produkt am besten einzeln unter die Lupe genommen werden.
Eine Studie im Auftrag der Albert Schweitzer Stiftung untersuchte 250 vegetarische und vegane Fleischalternativen und nahm eine ernährungsphysiologische Bewertung vor.7
Im Vergleich zum Original schneiden die Fleischalternativen hinsichtlich Energie-, Gesamtfettgehalt, gesättigten Fettsäuren (SFA) und Cholesterin besser ab. Konventionell hergestellte Fleischersatzprodukte enthalten jedoch häufig mehr Zusatzstoffe und Aromen und der Salzgehalt der Produkte ist auffällig hoch.
Auch Verbraucherzentralen und Verbrauchermagazine haben schon häufig Fleischersatzprodukte getestet und bestätigten ebenfalls den hohen Gehalt an Salz sowie den Einsatz von Zusatzstoffen. Einige Produkte waren sogar mit Mineralölbestandteilen belastet.
Über den Gehalt an Mikronährstoffen und sekundären Pflanzenstoffen in den Fleischersatzprodukten kann noch keine Aussage getroffen werden.
Daher empfiehlt es sich, beim Kauf von Fleischalternativen genau aufs Etikett zu schauen und die Nährwerttabelle und Zutatenliste genau zu prüfen.
Denn durch die riesige Auswahl an Produkten ist die Spannbreite sehr gross. Die zahlreichen Tests und Untersuchungen zeigen: Würden die Rezepturen noch verbessert werden (z.B. weniger Salz und weniger Zusatzstoffe), könnten Fleischersatzprodukte noch weitaus mehr gesundheitliche Vorzüge gegenüber den Fleischprodukten entfalten.
Aber eins steht auf jeden Fall fest: Fleischersatzprodukte tragen zu einer Verringerung klimaschädlicher Emissionen und des Wasserverbrauchs bei.
„Viele glauben, dass sie mit Fleischersatzprodukten auch besser abnehmen können. Das kann man so pauschal aber nicht sagen. Denn ein veganer Fleischsalat mit reichlich Mayonnaise oder eine Scheibe veganer Käse ist nicht unbedingt energieärmer! Hier lohnt sich immer der Blick aufs Etikett. Empfehlenswert ist auf jeden Fall der Griff zu möglichst unverarbeiteten Lebensmitteln, wie z.B. zu Hülsenfrüchten oder Gemüse. Daraus kann man einfache, aber tolle Gerichte zaubern, die allen schmecken und die beim Abnehmen unterstützen.“, sagt Miriam Rohmann, Diplom-Oecotrophologin und Ernährungsexpertin bei WeightWatchers®.