Alles, was du über Eiweiß wissen solltest
Wenn du versuchst, abzunehmen oder dein Gewicht zu halten, kann Eiweiß dabei dein bester Freund – oder zumindest ein guter Weggefährte – sein. Denn Eiweiß trägt dazu bei, dass du dich beim Essen schneller satt fühlst (es scheint die Freisetzung von Darmhormonen zu aktivieren, die ein Sättigungsgefühl auslösen), und dieses Gefühl kann stundenlang anhalten. Es kann sogar sein, dass man bei der nächsten Mahlzeit weniger isst. Da Eiweiß schwieriger abzubauen ist als Kohlenhydrate oder Fette, verbrennt der Körper einige der im Eiweiß enthaltenen Kalorien bereits bei der Verdauung (20 bis 30 % im Vergleich zu 5 bis 10 % bei Kohlenhydraten und 0 bis 3 % bei Fetten).
All das kann zu einer Gewichtsabnahme führen. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass Menschen, die sich bei ihrer Diät an einem eiweißreichen Ernährungsplan hielten, mehr an Gewicht – und Körperfett – verloren als Probanden, die andere Diäten befolgten. „Wer sich an eine eiweißreiche Diät hält, schneidet wahrscheinlich besser ab“, sagt Dr. George Bray, renommierter Gewichtsforscher und Gründer von The Obesity Society (wissenschaftliche Adipositas-Gesellschaft). „Es gibt sogar – zumindest labortechnische – Belege dafür, dass wir möglicherweise mehr essen als nötig, wenn unser Körper nicht genügend Eiweiß bekommt. So versucht er, den Mangel auszugleichen“, erklärt Dr. Christopher Morrison, Professor für Neurosignaling am Pennington Biomedical Research Center der Louisiana State University.
Besonders vielversprechend ist Folgendes: Nach Erreichen des Abnehmziels halten Menschen, die sich weiterhin eiweißreich ernähren, ihr neues Gewicht besser als diejenigen, die weniger eiweißreich essen. Der Trick besteht darin, die richtige Art von Eiweiß auf die richtige Weise zu sich zu nehmen.
Wie viel Eiweiß brauche ich täglich?
Fachleute liefern hierzu eine breite Palette an Formeln, von denen die meisten komplizierte Rechnerei erfordern. Der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zufolge liegt die empfohlene Zufuhr von Eiweiß bei 0,8 g Protein pro kg Körpergewicht. Das entspricht ca. 10 % der täglichen Kalorien bei einer ausgewogenen Mischkost. Und wie oben bereits erwähnt, wird eine höhere Proteinzufuhr im Vergleich zu einer niedrigeren Proteinzufuhr mit einer stärkeren Sättigung und dadurch im Rahmen einer Diät zur Gewichtsreduktion mit einer größeren Abnahme in Verbindung gebracht.
Ist die Eiweißzufuhr der meisten Menschen nicht ausreichend oder sogar zu hoch?
Die mittlere Proteinzufuhr liegt in allen Altersgruppen eher über dem Schätzwert für eine angemessene Proteinzufuhr bzw. der empfohlenen Proteinzufuhr. Und laut der Nationalen Verzehrsstudie II aus dem Jahr 2008 haben insgesamt 11 % der Männer und 15 % der Frauen in Deutschland eine Proteinzufuhr unterhalb der damals noch für alle Erwachsenen geltenden empfohlenen Zufuhr von 0,8 g/kg Körpergewicht pro Tag.
Was bedeutet das jetzt für meine Ernährung?
In diesen Fragen und Antworten der DGE zu Eiweiß findest du die Gehalte verschiedener Lebensmittel. Zum Beispiel: 100 g Tofu enthalten ca. 16 g Eiweiß, 1 Ei ca. 7 g.
Wenn du WW Mitglied bist, könntest du deine tägliche Eiweißaufnahme beispielsweise so decken:
- Frühstück: Quinoa-Porridge mit Pfirsich (ca. 13 g Eiweiß)
- Mittagessen: Karottencremesuppe (ca. 21 g Eiweiß)
- Abendessen: Zitronenhähnchen mit Gemüsecouscous (ca. 38 g Eiweiß)
- Snack: Snackplatte mit Honig-Senf-Dip (ca. 25 g Eiweiß)
= Gesamte Tagesmenge an Eiweiß: ca. 97 g
Rezepte mit hohem Eiweißgehalt
Ist es in Ordnung, wenn ich die größte Menge Eiweiß abends zu mir nehme?
Wenn du Eiweiß ausschließlich zu dir nehmen möchtest, um deinen Bedarf zu decken, dann kannst du es für das Abendessen einplanen. Wenn du aber den Sättigungseffekt nutzen möchtest, ist es sinnvoller, morgens schon Eiweiß zu dir zu nehmen und danach sicherzustellen, dass auch Mittagessen, Snack und Abendessen den Nährstoff enthalten.
Die Forschungsergebnisse einer kleinen, 2014 an der University of Missouri durchgeführten Studie haben darauf hingewiesen, dass Frauen, die als Nachmittagssnack einen eiweißreichen Joghurt gegessen hatten, beim Abendessen deutlich weniger Hunger verspürten und rund 100 Kalorien weniger zu sich nahmen als die Probandinnen, die nachmittags zu fetthaltigen Crackern oder Schokolade gegriffen hatten.
Immer wieder ist von magerem Fleisch die Rede. Mir ist klar, warum ich die gesättigten Fettsäuren nicht brauche, aber was genau bedeutet eigentlich „mager“?
Bei Rind- und Schweinefleisch bedeutet eine Kennzeichnung als „mager“ einen Gesamtfettgehalt von weniger als 10 g und einen Gehalt an gesättigten Fettsäuren von 4,5 g oder weniger pro 100 g; bei der Kennzeichnung „besonders mager“ ist es ungefähr die Hälfte davon.
Du kannst aber den Taschenrechner getrost zu Hause lassen. „Ich rate immer dazu, darauf zu achten, dass es sich um Lende beziehungsweise Filet handelt“, sagt Amélie Heider, M. Sc. Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften und WW Expertin. „Rinder- oder Schweinefilet, Filetspitzen – all das sind gute magere Fleischsorten“, erklärt sie.
Ergänze die Liste um Hähnchenfleisch ohne Haut (weißes Fleisch enthält etwas weniger Fett als dunkles), Fisch, Meeresfrüchte, Eier, fettreduzierten oder -freien Käse und andere Milchprodukte, und fertig ist dein Einkaufskorb voll magerem tierischem Eiweiß.
Was, wenn ich Vegetarier bin? Kann ich mich dann trotzdem eiweißreich ernähren?
Zu den pflanzlichen Eiweißquellen zählen unter anderem auch Nüsse, Samen, Tofu, Tempeh und zahlreiche Hülsenfrüchte (Linsen, Bohnen, Erbsen), die eine breite Palette vieler verschiedener Aminosäuren, also der Eiweißbausteine, liefern. „Achte bei einer vegetarischen Ernährung nur auf Abwechslung, damit du alle nötigen Bausteine zu dir nimmst“, betont Amélie Heider.
Es scheint gerade Trend zu sein, sich Molkepulver auf den Joghurt zu streuen und Eiweißpulver in Smoothies zu mischen. Ist das ein guter Weg, um meinen Tagesbedarf zu decken?
„Wenn du sonst nicht genug eiweißreiche Lebensmittel zu dir nimmst, kann das eine gute Wahl sein“, sagt Amélie Heider. Manche können sich kein anderes Frühstück als Cerealien vorstellen oder haben nur Zeit für einen Smoothie unterwegs. Bedenke dabei nur, dass Eiweißpulver nicht deine erste Wahl sein sollte. Im Gegensatz zu Eiweiß in Pulverform enthalten magere eiweißhaltige Lebensmittel eine Vielzahl anderer Nährstoffe, z. B. Eisen oder Calcium, wovon viele Frauen z. B. mehr zu sich nehmen sollten. Der Nährstoffbedarf kann durch eine abwechslungsreiche, vollwertige Ernährung gedeckt werden, so die DGE. Während ein unausgewogenes Essverhalten nicht durch den Konsum von angereicherten Lebensmitteln und/oder Nahrungsergänzungsmitteln ausgeglichen werden kann.
Bietet Knochenbrühe wirklich besondere Vorteile?
Der Paleo-Trend hat dazu geführt, dass viele Anhänger tassenweise Fleischbrühe trinken. Nun ist Brühe ja nicht schlecht für dich („Achte nur auf den Natriumgehalt“, warnt Amélie Heider), und wenn dir an einem kalten Tag nach einer warmen Suppe ist, dann gönne sie dir. Aber Behauptungen, denen zufolge Knochenbrühe das Immunsystem stärkt, zur Knochenbildung beiträgt oder hautglättendes Kollagen repariert oder wiederherstellt, sind unhaltbar. Was die Forschung allerdings gezeigt hat, ist, dass unser Körper Flüssigkeit nicht auf dieselbe Art verwertet wie festes Essen – du nimmst also womöglich mehr Kalorien zu dir, ohne dabei wirklich satt zu werden.
Wie steht es um das Thema Eiweiß und Sport? Vor oder nach dem Training? Spielt das eine Rolle?
In Kombination mit Krafttraining trägt Eiweiß dazu bei, Muskeln und Kraft aufzubauen – ein Grund mehr, warum dein Speiseplan viel Eiweiß enthalten sollte.
„Aber wenn du nicht gerade intensives Gewichtstraining betreibst, brauchst du dich nicht darum zu bemühen, noch mehr Eiweiß zu dir zu nehmen, als du es schon tust, damit das Abnehmen besser klappt“, erklärt Kim D. Larson, geprüfte Ernährungsberaterin, zertifizierter Gesundheitscoach und Sprecherin der Academy of Nutrition and Dietetics, die sich auf Sporternährung spezialisiert hat.
Manche Trainer empfehlen für die Muskelregeneration einen Snack mit hohem Eiweißgehalt vor dem Schlafengehen.
Das hört sich an, als sollte man nur noch Eiweiß essen! Kann man denn auch zu viel davon zu sich nehmen?
Es gibt zwar keine offizielle Obergrenze, aber übertreiben solltest du es trotzdem nicht. Zunächst einmal braucht dein Körper auch die Vielzahl an Mineralstoffen, Vitaminen und anderen Nährstoffen, die du über nicht so eiweißhaltige Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Öle erhältst. Zudem werden die Nebenprodukte des Eiweißabbaus über die Nieren ausgeschieden. Eine unausgewogene Ernährung wird zwar nicht gleich eine Nierenkrankheit verursachen, aber zu viel Eiweiß kann die Nieren belasten. Nimmt man eiweißhaltige Nahrungsergänzungsmittel zu sich, läuft man eher Gefahr, die empfohlenen Mengen unbemerkt zu überschreiten. Ein gelegentlicher übermäßiger Genuss tut aber keinem weh.