Bewusstes Gehen

Willkommen zum Breathwalking – einer Achtsamkeitstechnik, mit der du Stress abbauen kannst und gleichzeitig Schritte sammelst.
Veröffentlicht 17. Oktober 2018

Etwas Neues oder anderes auszuprobieren ist nicht immer einfach, aber manchmal machst du es und … zack, schon liebst du es! Und vielleicht, ganz vielleicht, macht es dich ja sogar auf eine positive Art süchtig. So hat es jedenfalls Dr. Jim Nicolai erlebt, einem Arzt für Integrative Medizin und Gesundheitscoach aus Tucson, Arizona, der das Buch Integrative Wellness Rules: A Simple Guide to Healthy Living (Hay House) geschrieben hat. Seine Leidenschaft? Eine Kombination aus achtvoller Meditation und Gehen, die sich „Breathwalking“ nennt.

Nicolai war der Meinung, Meditation sei ein wenig zu langsam und zeitaufwendig für ihn – und so probierte er seinen eigenen Weg aus: „Durch Breathwalking kann ich den gleichen Zustand der Ruhe erreichen wie Menschen, die Yoga machen und meditieren, aber nach meinen eigenen Vorstellungen“, sagt er. Am besten, du stellst dir das Ganze vor als Meditation in Bewegung – und du kannst es zu jeder Tageszeit und fast überall machen!

Das Beste ist jedoch, dass du sofort mehr inneren Frieden spürst: „Durch die Förderung tiefer, gleichmäßiger Atemzüge anstelle einer schnellen, flachen Atmung kann Breathwalking Menschen beibringen, jenen Zustand der Ruhe zu erreichen, bei dem der Kopf abschaltet, was einen besseren Schlaf unterstützt“, erklärt Nicolai. Ein Beispiel: In einer Studie von PLOS ONE half eine einzige Sitzung mit langsamen Atemübungen bereits, Unruhezustände bei Musikern zu senken, die unter Lampenfieber litten.

Eine Stärkung fürs Gehirn?

Charles Francis, Mitbegründer und Leiter des Mindfulness Meditation Institute und Autor von Mindfulness Meditation Made Simple (Paradigm Press), ist von diesen Ergebnissen nicht überrascht: „Bei richtiger Durchführung wirkt Meditation ganz unmittelbar. Man wird ruhiger, konzentrierter und emotional stabiler und bekommt mehr Kontrolle über rasende Gedanken im Kopf“, sagt Francis.

Und es könnte auch deinem Gehirn helfen: Laut einer Studie, die in der Zeitschrift Stress veröffentlicht wurde, erhöht Meditation möglicherweise den Spiegel des Wachstumsfaktors BDNF, was dem Gehirn helfen kann, neue Zellen zu produzieren. Andere Studien haben gezeigt, dass Meditation dazu beitragen kann, die graue Substanz in der Amygdala – dem Angstzentrum unseres Gehirns – zu verringern, und dafür andere Areale unterstützt, die für die Aufmerksamkeit und das Kurzzeitgedächtnis zuständig sind.

Den wahren Lohn erntest du jedoch möglicherweise erst nach deinem Spaziergang: Nur 15 Minuten Meditation mit konzentrierter Atmung können dazu beitragen, dass wir intelligentere Entscheidungen treffen, so eine Studie aus Psychological Science. Als Folge überlegen wir es uns vielleicht zweimal, bevor wir ein Dessert vor dem Fernseher verdrücken, und das kann ein bedeutender Schritt sein, um unsere Ziele zu erreichen. „Umfangreiche Forschungsergebnisse haben viele der gesundheitlichen Vorteile einer achtsamen Meditation bestätigt, darunter auch einen Gewichtsverlust“, sagt Francis. Meditation, so fügt er hinzu, hilft uns, mehr Bewusstsein für unseren Körper zu entwickeln und unser Engagement für eine gesunde Lebensführung zu stärken. Zählt man dazu noch die Extraschritte beim Breathwalking, insbesondere falls du die meiste Zeit des Tages bisher sitzend verbracht hast, so ergibt sich ein mächtiger neuer Verbündeter im Kampf gegen das Gewicht.

Und so funktioniert Breathwalking

Breathwalking bedeutet, deine Atmung mit deinen Schritten zu synchronisieren. Es gibt zwei verschiedene Techniken, die sich beide leicht erlernen lassen:

„Wellen“: Atme kontinuierlich ein, während du bis 4 zählst, und atme anschließend, ebenfalls bis 4 zählend, in einem einzigen langen, langsamen Zug aus. Auf jede Zahl, die du zählst, kommt ein Schritt.

„Stufen“: Auch hier zählst du bis 4 und machst bei jeder Zahl einen Schritt. Diesmal atmest du jedoch viermal hintereinander ein, bei jedem Schritt einmal, anstatt einen einzigen langen kontinuierlichen Atemzug zu nehmen, und atmest ebenfalls viermal getrennt aus, immer einmal pro Schritt. Versuche, während du atmest, durch die Nase ein- und durch den Mund auszuatmen. Falls das für dich nicht funktioniert, atme einfach so, wie es für dich angenehm ist. Probiere es aus – in deinem Viertel, in einem Park oder auf dem Bürgersteig in der Stadt!​

Dein Breathwalking-Plan

Reserviere dir etwas Zeit, um nach dem Abendessen zu breathwalken – laut Nicolai helfen bereits 10 oder 15 Minuten, um dich zu entspannen, die Verdauung wird unterstützt und dein Schlaf verbessert. Konzentriere dich auf eine Methode der Atmung oder mische die verschiedenen Varianten. Hier sind zwei Mischformen, die Nicolai empfiehlt:

Breathwalking für mehr Energie: Abwechselnd eine Minute in „Stufen“ atmen und eine Minute zweigeteilt – in Stufen einatmen und in Wellen ausatmen (stell dir vor, du kletterst erst die einzelnen Stufen hoch und rutschst sie anschließend wieder herunter). 10 Minuten oder länger wiederholen.

Beruhigendes Breathwalking: Beginne mit 2 Minuten in Stufen. Anschließend 5 Minuten zweigeteilt. Gefolgt von Wellen in den nächsten 5 Minuten bzw. für die restliche Dauer deines Walkings.